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Die Malerin Maria Keil (Maria Pires da Silva Keil do Amaral) 1914-2012


Veröffentlicht am 23.01.2025

Vor gefühlt tausend Jahren befragten wir unseren portugiesischen Lieblingsdesigner Rui Alves alias My Own Super Studio zur Verwendung von Farben in seinen Arbeiten und er antwortete: "Ich versuche, keine Angst vor Farbe zu haben. In der portugiesischen Kunst und im portugiesischen Design hat Farbe traditionell einen hohen Stellenwert, deshalb ist es ganz natürlich für mich viel Farbe zu benutzen."

Jeder, der verstehen möchte, was Rui damit meint, muss einfach mal einen Tag lang durch den Lissaboner Untergrund reisen. Obwohl es natürlich viele Städte gibt, in denen ein Ausflug in den Untergrund mehr bringt als ein Besuch der lokalen Kunstgalerien, sind die U-Bahn-Stationen in Lissabon ganz besonders lohnenswert. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass sie mit sogenannten Azulejos, also sehr dekorativen Fliesen, verziert sind. Diese Kunstform ist so portugiesisch wie Sardinen, neue Kontinente zu entdecken oder Fabo.

Verantwortlich für die Mehrheit der Lissaboner Azulejos war Maria Keil, eine Frau, die ebenso faszinierend ist wie ihre Arbeit. Die Künstlerin verstarb am 10. Juni 2012 im Alter von 97 Jahren.

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Maria Keil 1914-2012. Hier vor einem neuen Azulejo, das sie 2009 für die Modernsisierung der Estação São Sebastião entwarf (Foto: http://www.metrolisboa.pt/)

1914 in Silves geboren, studierte Maria Keil Malerei an der Escola Superior de Belas Artes in Lissabon und arbeitete im Laufe ihrer Karriere als Malerin, Grafikerin, Graveurin und Textildesignerin. Wäre sie fünfzig Jahre später geboren worden, hätte man sie wahrscheinlich in die Kategorie Grafikdesign eingeordnet.

Im Jahr 1933 heiratete sie den Architekten Francisco Keil do Amaral. Gemeinsam bildeten sie eines der bedeutendsten portugiesischen Designteams der Moderne - Francisco entwarf die Gebäude, Maria die Inneneinrichtung. Zu ihren wichtigsten Projekten zählen der ursprüngliche Flughafen Portela in Lissabon und der portugiesische Pavillon auf der Weltausstellung 1939 in Paris, der mit der Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Als Francisco Ende der 1950er Jahre mit dem Bau der Stationen für das neue U-Bahn-Netz von Lissabon beauftragt wurde, bat er seine Frau, den Stationen Farbe und damit Leben einzuhauchen. Es ist auch nicht verwunderlich, dass Maria Keil Azulejos als Mittel dafür wählte.

Die dekorativen Wandkacheln wurden im 15.Jahrhundert in Portugal eingeführt und etablierten sich schnell im ganzen Land, nicht nur wegen ihrer Farben und Ornamente, sondern auch, weil sie dazu beitrugen, Räume durch Lichtreflexion zu erhellen und unansehnliche Gebäudewände zu verdecken. Auch wenn die Popularität der Azulejos im Laufe der Jahrhunderte je nach Zustand des Landes oder der politischen Situation schwankte, verschwanden sie nie ganz aus dem Stadtbild und sind auch heute noch überall zu entdecken. Ein Bummel durch eine beliebige Straße Lissabons ist daher in gewisser Weise wie ein Spaziergang durch eine Open-Air-Galerie. Die Reflexionen auf den bunten Kacheln sind auch ein Grund dafür, dass Portugal immer etwas heller zu leuchten scheint als andere Länder.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebten die Azulejos einen ihrer Tiefpunkte und wurden meist nur noch als historisches Artefakt betrachtet. Und obwohl sie durch ihre Verwendung im Art déco und Jugendstil immer noch als aktuell galten, spielten sie in der Architektur keine wirkliche Rolle.

Das änderte sich erst mit dem Internationalen Kongress der Union Internationale des Architectes (UIA) "Architecture at the Crossroads", der 1953 in Lissabon stattfand. Dort wurden den portugiesischen Architekten nicht nur aktuelle Theorien über die Verwendung traditioneller, lokaler Produkte und Verfahren beim Bau von Gebäuden vorgestellt, sondern auch zahlreiche Beispiele für die Verwendung von Azulejos bei den damals modernen Umbaumaßnahmen in Brasilien vorgestellt. So integrierten moderne portugiesische Architekten eine Neuinterpretation der Azulejos aus der ehemaligen Kolonie in ihre Arbeit - ein Beispiel wie aus dem Lehrbuch postkolonialer Theorien.

Francisco Keil do Amaral nahm 1953 an der UIA teil und sowohl er als auch seine Frau begrüßten die neuen Impulse. Während Maria Keils Repertoire vor 1953 keine Azulejos enthielt, entwarf sie nach 1953 Azulejos für viele Projekte ihres Mannes, darunter den Flughafen von Luanda, eine Wohnsiedlung in der Avenida Infante Santo in Lissabon und den Speisesaal der UEP-Ferienanlage in Palmela. Sie tat dies mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.

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Schäfer von Maria Keil im Speisesaal der UEP-Ferienanlage, Palmela. (Photo C.Bargel)

Ein wichtiger Faktor aller Azulejos von Maria Keil ist der gekonnte Einsatz von Farben; mal mehr, mal weniger, aber immer so eingesetzt, dass die Komposition oder die Grafik perfekt unterstützt wird. Der gekonnte Einsatz von Farbe bedeutet nicht nur, viele oder grelle Farben zu verwenden, sondern die richtige Menge der richtigen Farbe an der richtigen Stelle.

Obwohl Maria Keils Werk sehr vielfältig ist, wurde sie vor allem durch die Gestaltung der U-Bahn-Stationen in Lissabon bekannt, die auch nach ihrem Tod von ihrer künstlerischen Sensibilität und ihrem Verständnis für die portugiesische Geschichte und Tradition zeugen.

Die ersten 11 Stationen wurden direkt während der Bauarbeiten 1957-1959 entworfen. In den folgenden Jahrzehnten folgten weitere 11 Stationen, zuletzt die renovierte Estação São Sebastião im Jahr 2009.

Maria Keils Installationen erinnern ein wenig an Straßenkunst und basieren im Wesentlichen auf sich wiederholenden geometrischen Formen und einer Farbgebung, die von monoton wie in der Estação Restauradores oder der Estação Intendente über wohldurchdachte Farb- und Schattierungsabstufungen bis hin zu sehr auffälligen Arbeiten wie in der Estação Rossio reicht.

Die Azulejos von Maria Keil sind nicht nur in künstlerischer Hinsicht großartige Beispiele für die visuellen Kompositionen der Mitte des 20. Jahrhunderts und können sich durchaus mit den Arbeiten von Designern dieser Zeit wie Ray Eames oder Alexander Girard messen, sondern sind mit ihren Farben und Formen, die auf fünf Jahrhunderte dekorativer Kachelkunst in Iberien zurückgehen, auch angemessene und respektvolle moderne Interpretationen einer Kunstform, die tief mit der portugiesischen Handwerkstradition verbunden ist.

Deshalb ist eine Fahrkarte für die Lissabonner Metro auch eine der besten kulturellen Investitionen überhaupt.

Danke, Maria Keil!

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Estação Praca de Espanha Lissabon (Maria Keil, 1959. Photo C.Bargel)
maria keil Estação Parque lisbon
Estação Parque Lissabon (Maria Keil, 1959. Photo C.Bargel)
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Estação Rossio Lissabon (Maria Keil, 1963. Photo C.Bargel)

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#Lissabon #Maria Keil